Vor ein paar Tagen traf ich eine Freundin. Gut sah sie aus. Strahlend, frisch, ihre Augen blitzten. Sie hatte eine neue Frisur, aus jeder Pore versprühte sie Lebenslust. Es war so schön, sie wieder so zu erleben.

Das hatte ich lange Zeit an ihr vermisst.

Ich wusste, sie hatte einiges durchzustehen. Krankheit, Sorgen, Situationen, an denen man nichts ändern kann, die sie belasteten und durch die sie durch musste. Jeder von uns kennt solche Lebensphasen.

Es gibt Zeiten, da scheinen sich alle schlechten Nachrichten miteinander verabredet zu haben. Irgendwie versucht man durchzuhalten. Oft ist das einzige Ziel den Tag zu überstehen. Meist gehen die Sorgen im Schlaf weiter. Manchmal kommt man vor lauter Sorgen gar nicht zur Ruhe dann ist selbst an Schlaf nicht mehr zu denken.

Andere Menschen, selbst Freunde, will man nicht mehr sehen, dafür würde man Energie brauchen, die man einfach nicht mehr hat. Also zieht sich man zurück, versucht irgendwie durchzuhalten. So oder so ähnlich muss es meiner Freundin gegangen sein.

Sie tat mir leid. Und ich konnte in dieser Zeit nichts weiter für sie tun, als ihr anzubieten, für sie dazu sein, wohl wissend, dass Sie das Angebot nicht annehmen würde.

Umso mehr hat es mich gefreut, sie wieder in ihrer alten Form zu erleben. Plaudernd, fröhlich, lebendig.

Auf meine Frage, was denn passiert sei, antwortete Sie: „Ich hatte eine Therapie“. Und auf meine Nachfrage, wie Sie denn an Ihre Therapeutin gekommen sei, sagt sie mir: durch die Empfehlung ihre Hausärztin. Sie war bei ihrer Ärztin, weil es ihr immer schlechter ging.

Für meine Freundin war es ein großer Schritt, zu einer Therapeutin zu gehen, das passte überhaupt nicht in ihr Selbstbildnis. Sie ist es gewohnt Vieles geregelt zu kriegen. Sie war ihr Leben lang in Führungspositionen und ist es gewohnt, Probleme zu lösen.

Seit diesem Treffen gehen mir zwei Gedanken durch den Kopf:
Wie gut für meine Freundin, dass die Hausärztin Sie zu einem Profi geschickt hat und ihr nicht einfach – wie oft praktiziert – Tabletten verschrieben hat.

Und zweitens: Warum tun sich Menschen so schwer, die Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen in Anspruch zu nehmen? Obwohl es doch einen großen Unterschied machen kann.

[blockquote author=”” link=”” target=”_blank”]Ja, es macht Sinn sich in schwierigen Zeiten Unterstützung zu suchen![/blockquote]

Wenn Menschen Zahnschmerzen haben, gehen sie zum Zahnarzt. Wenn sie körperliche Beschwerden haben, gehen Sie zum Arzt. Warum ist es immer noch nicht selbstverständlich, sich in seelisch schwierigen Zeiten professionelle Unterstützung zu holen?

Aus meiner Sicht hat die Arbeit von Coaches und Therapeuten ein paar wesentliche Vorteile, die Freunde nicht haben:

• Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
• Sie haben nichts mit dem Lebensumfeld ihrer Klienten zu tun, dadurch kann eine Offenheit entstehen, die bei Freunden nicht unbedingt angebracht ist.
• Es geht in diesen Gesprächen ausschließlich um Sie und Ihr Anliegen, d.h. es muss kein Ausgleich von Geben und Nehmen stattfinden.
• Es sind Menschen, die Methoden gelernt haben, um in schwierigen Situationen hilfreich zu sein.
• Coaches und Therapeuten sind im besten Sinne parteiisch … nämlich uneingeschränkt auf Ihrer Seite.

Ich erlebe ganz oft in meiner Arbeit, wie sinnvoll es ist, sich Unterstützung zu holen. Und ich kenne auch das Zögern der Klienten davor. Aber glauben Sie mir, in der Regel sind alle ganz glücklich, wenn sie den Schritt gegangen sind.

Manche meiner Klienten kommen am Anfang wöchentlich und dann vielleicht noch einmal im Monat oder im Quartal. Einfach um gar nicht erst wieder etwas anzusammeln, was sie belastet. Weil sie erlebt haben, wie sinnvoll es ist, sich diese Art der Auszeit zu nehmen.

So wie man ja auch prophylaktisch zur Zahnreinigung geht und nicht erst zum Zahnarzt wenn man Zahnschmerzen hat.

Manchmal braucht es auch nur ganz wenig Sitzungen, um ein bestimmtes Thema zu bearbeiten und zu lösen (wie Flugangst, Prüfungsangst oder andere Ängste wie z.B. vorm Zahnarzt oder Spritzen).

Ich weiß, dass es bei vielen Kollegen, die für die Krankenkassen arbeiten, lange Wartezeiten gibt. Aber es gibt – zumindest in den Großstädten – eine ganze Anzahl von Kolleginnen und Kollegen, die privat abrechnen und bei denen es möglich ist, zeitnah einen Termin zu bekommen. Und in der Regel liegt der Stundensatz zwischen 100 und 120€.

Und last but not least: Auch wir – die Coaches und Therapeuten – holen uns immer wieder Unterstützung bei unseren Kolleginnen und Kollegen. Denn nur weil man Therapeut oder Coach ist, heißt dass nicht, dass man nicht auch ab und an von einem Blick von außen profitieren kann.

[blockquote author=”” link=”” target=”_blank”]Meine Bitte: Wenn Sie Probleme haben, zögern Sie nicht. Suchen Sie sich einen Coach oder Therapeuten. Sorgen Sie gut für sich![/blockquote]